Du studierst Rechtswissenschaften oder Recht & Wirtschaft an der Universität Salzburg und weißt noch nicht, was du nach dem Studium machen möchtest? Damit bist du nicht alleine. Dein Problem liegt vielleicht darin, dass keiner der drei klassischen Jurist*innenberufe – Rechtsanwält*in, Richter*in, Notar*in – eine passende Option für dich ist. Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt zu werden ist wirklich nicht etwas für jede*n. Und für das Richteramt oder um ein Notariat eröffnen zu können, muss man warten bis jemand in Pension geht und eine Stelle frei wird. Klingt nicht gerade nach dem, was du dir vorgestellt hast? Abseits der klassischen drei genannten Berufen gibt es noch allerdings noch andere attraktive Jus Berufe, bei denen du freiberuflich mit Bezug zum Rechtsbereich tätig werden kannst. Und zwar: Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung!
Tagein, tagaus mit Paragrafen jonglieren und monoton Zahlen in den Computer klopfen. Ein graues Büro, ein leuchtender Monitor und Berge an Ordnern und Akten – so stellen sich wohl einige den Beruf als Steuerberater*in oder Wirtschaftsprüfer*in vor. Die Realität sieht aber anders aus: Du hast nämlich in erster Linie mit Unternehmen und den Personen dahinter zu tun – und das kann ganz schön spannend sein!
Tipp 1: Geht in die Steuerberatung!
Das genaue Tätigkeitsfeld in der Steuerberatung kann sehr unterschiedlich sein. Denn es kommt darauf an, in welcher Art von Kanzlei man arbeitet und welche Art von Klient*innen betreut werden. Wie bei Metalltechniker*innen ist die Arbeit in einem Stahlbau anders als in einer Kunstschmiede. Sind international tätige Konzerne die Klienten, sind natürlich andere Fachgebiete gefragt als bei klein- und mittelständischen Betrieben. Grob kann man die Tätigkeitsbereiche in einer Kanzlei aber in Personalverrechnung, Rechnungswesen (Buchhaltung, Bilanzierung), Steuerrechtsberatung und Wirtschaftsberatung zusammenfassen. Hier habe ich noch mal alle Bereiche kurz für euch erklärt:
- Steuerrechtsberatung: Die Kernaufgabe in der Steuerberatung ist die Beratung bei steuer-, arbeits-, sozialversicherungs- und wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten. Ihr helft den Klient*innen beispielsweise bei (legalen) Gestaltungsmöglichkeiten oder erklärt, worauf geachtet werden muss. Steuerberater*innen dürfen ihre Mandant*innen beispielsweise bei Prüfungen durch die Finanz- oder Krankenkasse vertreten und im Finanzstrafverfahren verteidigen.
- Wirtschaftsberatung: Neben der Rechtsberatung bieten Steuerberatungskanzleien auch betriebswirtschaftliche Beratung. Hier geht es um Finanzplanung, Investition, Finanzierung oder Unternehmenssanierung.
- Personalverrechnung: Bei der Personalverrechnung geht es neben der richtigen Lohn- und Gehaltsabrechnung um arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen.
- Rechnungswesen: Steuerberater*innen können auf Basis der Buchhaltung, wo alle unternehmensrelevanten Sachverhalte erfasst werden, Klient*innen dabei helfen ihr Unternehmen zu verbessern. Diese Buchhaltungsdaten fließen dann in die Erstellung von Steuererklärungen (Angaben zum Einkommen für das Finanzamt) und Jahresabschlüsse (rechnerischer Abschluss eines Geschäftsjahres und Darstellung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage des Unternehmens) ein.
Das klingt nach zu viel für dich? Keine Sorge, selten kennen sich Steuerberater*innen in allen Bereichen gleich gut aus. Kurz gesagt, als Steuerberater*in ist man so etwas wie die „Hausärztin“ bzw. der „Hausarzt“ eines Unternehmens – man hilft und begleitet Klient*innen bei ihren Fragen und Problemen.

Tipp 2: Arbeitet im Bereich Wirtschaftsprüfung!
In der Wirtschaftsprüfung ist das tägliche Aufgabenfeld ebenfalls sehr stark kanzlei- und mandantenabhängig. Kernbereich der Wirtschaftsprüfung ist die Jahresabschlussprüfung. Vereinfacht gesagt wird der Jahresabschluss der Mandant*innen auf die richtige Anwendung der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen geprüft. Auch die richtige Anwendung von Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften wird kontrolliert. Das Kontroll- und Risikomanagementsystem des Unternehmens wird ebenfalls analysiert.
Die Wirtschaftsprüfung ist ein wichtiger Teil der Wirtschaft. Mit der Prüfung schaffen Wirtschaftsprüfer*innen Vertrauen in die Richtigkeit der Jahresabschlüsse der geprüften Unternehmen. Sie spielen eine wichtige Rolle für Investor*innen, Gläubiger*innen und Gesellschafter*innen.
Wirtschaftsprüfer*innen sind auch oft im Außendienst tätig, da sie zu den Unternehmen fahren. Dadurch bekommt man tiefe Einblicke in viele verschiedene Branchen und Arbeitsweisen der Unternehmen. Geprüft werden beispielsweise Kapitalgesellschaften und Vereine ab einer bestimmten Größe, Konzerne und Privatstiftungen. Danach wird ein Prüfbericht erstellt, in dem die Ergebnisse der Prüfung einfließen. Hier wird das Prüfungsurteil (Bestätigungsvermerk) „verkündet“, welches Aufschluss darüber gibt, ob der Jahresabschluss richtig oder falsch ist.
Um wieder auf den Vergleich mit der Ärzt*in zurück zu kommen: Als Wirtschaftsprüfer*in ist man wie die unabhängige Fachärztin bzw. der unabhängige Facharzt, die bzw. der sich die Diagnose der Hausärztin bzw. des Hausarztes im Detail ansieht.

Steuerberater*in & Wirtschaftsprüfer*in: ein langer Ausbildungsweg
Der Weg zur Berufsbefähigung wurde 2017 stark reformiert. Nun sind Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung zwei getrennte Berufe. Früher musste man erst Steuerberater*in werden, um sich dann weiter als Wirtschaftsberater*in ausbilden zu lassen.
Man benötigt auf jeden Fall ein facheinschlägiges Studium mit mindestens 180ECTS und eine dreijährige Berufsanwärterzeit (auf Vollzeitbasis) in einer Kanzlei. Nach 1,5 Jahren absolvierter Berufsanwärter*innenzeit kann mit dem Prüfungsverfahren begonnen werden. Es gibt insgesamt fünf schriftliche Teilprüfungen, wobei drei Teile für beide Berufsbefugnisse dieselben sind. Im Bereich Steuerberatung muss man Prüfungen in Rechtslehre, Rechnungslegung, BWL, Abgabenrecht I und Abgabenrecht II ablegen. In der Wirtschaftsprüfung handelt es sich um Prüfungen in Rechtslehre, Rechnungslegung und BWL, und dann gibt es noch Abschlussprüfung I sowie Abschlussprüfung II. Nach positiver Absolvierung aller Teilprüfungen kann man zur mündlichen Prüfung antreten.
Um Steuerberater*in zu werden, kann man alternativ auch dreieinhalb Jahre selbstständig in der Bilanzbuchhaltung arbeiten und dann in das Prüfungsverfahren eintreten. Ein Studium ist immer Voraussetzung für die Wirtschaftsprüfungsbefugnis.
Fazit: Warum du dir überlegen solltest, in die Steuerberatung oder Wirtschaftsprüfung zu gehen
Sowohl in der Steuerberatung als auch in der Wirtschaftsprüfung beschäftigt man sich mit dynamischen und spannenden Rechtsgebieten. Dies erfordert eine kontinuierliche Fortbildung. Beide Berufe bringen viel Abwechselung, da jeden Tag andere Fälle und Aufgaben zu lösen sind. Klient*innen betreut man meist viele Jahre. Als Wirtschaftstreuhänder*in ist man quasi „live dabei“, wenn sich Unternehmen weiterentwickeln und wachsen. Manche Mandant*innen begleitet man bis zu deren Pension bzw. bis zur Liquidation der Gesellschaft.
In der Wirtschaftsprüfung gewinnt man tiefe Einblicke in die Prozesse eines Unternehmens. Einerseits in die Lager-, Vertriebs- oder Produktionsstätten, andererseits in die Abläufe des Rechnungswesens und des internen Kontrollsystems. Bei größeren Betrieben ist man auf Augenhöhe mit dem Management und kann auch hier mit Beratung helfen, um die Prozesse zu verbessern.
In Österreich gibt es ungefähr 11.000 Wirtschaftstreuhänder*innen, davon sind rund 5.800 Steuerberater*innen ( 52% männlich, 48% weiblich) und nur 1.900 Wirtschaftsprüfer*innen (72% männlich, 28% weiblich). Weiters befinden sich rund 3.600 Berufsanwärter*innen (davon 42 % männlich und 58% weiblich) in Ausbildung.

Du bist neugierig geworden?
Du hast Interesse, weißt aber nicht wie du anfangen sollst? Dann ist meine Empfehlung, dass du den Kanzleialltag entweder über ein längeres Praktikum oder als studentische Hilfskraft (z.B. in der Buchhaltung) neben dem Studium kennenlernst.
Weiterführende Links und Infos zur Berufsausbildung:
- Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer KSW
- Institut österreichischer Wirtschaftsprüfer iwp
- Akademie der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ASW
Eure Fabia

Fabia ist gebürtige Salzburgerin mit einer Liebe für Internationales. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg und arbeitet in einer Steuerberatungskanzlei. Ihre Leidenschaft ist das Kochen und Reisen, aber auch Konzerte besucht sie gerne.