Kunst zur Gefühlsregulation

Jede*r kennt’s: die nächste Prüfung steht an, die Deadlines für die Abgabe der gefühlten 1.000 Seminararbeiten rücken immer näher, und dann ist da noch dieser Arzttermin, den man am liebsten versäumen möchte. Und auf einmal kommt da dieser Gedanke auf: Könnte man doch einfach bis zum Ende des Semesters im Bett bleiben, um den ganzen Stress und Pflichten zu entfliehen!

Natürlich könntest du deinen Kopf in den Sand stecken und dich erstmal für ein paar Stunden verkriechen. Doch erstens, Verpflichtungen machen keinen Halt vor Gefühlen und zweitens, ist es viel effektiver, wenn du lernst mit deinen Launen klarzukommen, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen. Wie das auf die etwas ungewöhnliche Weise – nämlich mit Kunst – funktioniert, erklärt uns Markus Grüner-Musil, freischaffender Künstler und ehemaliger Leiter der ARGEkultur Salzburg

Was tun, wenn einfach alles sch***e ist?

Wie kommt man also aus so einem Tief wieder heraus? Ob das abends mit einem Glas Wein passiert oder durch eine Wanderung auf den Gaisberg, ist ganz individuell. Menschen versuchen auf unterschiedlichste Weise „den Tag zu retten“, oder eine stressige Lebensphase so gut es geht zu überstehen. So könne Sport oder die Natur dabei helfen, sich und die Welt um sich herum für ein paar Stunden ins Reine zu bringen. Ein vielleicht etwas fremder und zugegebenermaßen nicht recht populärer Weg ist es, den Einklang mit Kunst wiederherzustellen.

„Kunst mildert das Grausliche, was uns die Existenz bietet“

Markus Grüner-Musil ist freischaffender Künstler und ehemaliger Leiter des Kulturzentrums ARGEkultur Salzburg. Für ihn bedeutet Kunst vor allem eines: das Leben – gerade in schwierigen Situationen – erträglicher zu machen. „Kunst mildert das Grausliche, was uns die Existenz bietet“, ist er überzeugt.

Dabei spricht der Künstler natürlich nicht nur von den alltäglichen Pannen und Tagen, an denen alles schiefläuft. Auch die Momente im Leben, die alles andere als leicht sind, wie beispielsweise der Verlust eines geliebten Menschen, gehören dazu. Kunst gebe uns Trost bei Dingen, die nur schwer zu akzeptieren sind, so der Künstler. Mittels Kunst könne man schwierige Themen und Schicksalsschläge auf einer persönlichen oder kollektiven Ebene aushalten. Grüner-Musil weiß: „Ein Lied auf einer Beerdigung gibt mir das Gefühl, dass ich es aushalten kann. Ich bin zwar dadurch nicht glücklicher – und das wäre auch zu viel verlangt – aber es hilft, damit umzugehen.“

Die Devise: Besser einen Rap-Song schreiben, als sich verprügeln.

Doch Kunst unterstütze nicht nur, sondern verbinde auch die Menschen. In einer Welt in der die Individualität eine große Rolle spielt, hat Kunst diese ganz spezielle Eigenschaft der Vereinigung an sich. Beispielsweise sei ein Konzertbesuch in erster Linie natürlich ein individuelles Erlebnis. Doch wenn das letzte Lied gespielt wurde und Freund*innen den Abend Revue passieren lassen und darüber sprechen, so hätte man etwas Gemeinsames erlebt – ein kollektives, verbindendes Erlebnis aus Kunst also.

Das gilt auch für negative Gefühle wie Aggressionen, Hass und Unzufriedenheit. Wenn du etwas Negatives erlebst, wird dies ein Stück weit gemildert, wenn du die Emotionen mit anderen Menschen teilst. Der Künstler rät daher: „Geht gemeinsam tanzen, singt in Chören, spielt Gitarre, Schlagzeug und Bass und haut’s euch ned die Fress’n ein.“ Das sollte man wortwörtlich nehmen und so sagt auch Grüner-Musil, es sei besser einen Rap-Song zu schreiben, als, dass man sich verprügelt. Nicht nur die Gemeinschaft wird durch das Ausleben von Kunst gestärkt, sondern auch das eigene Selbstwertgefühl. Egal ob passiv oder aktiv – durch Erschaffen oder Erleben von Kunst erhalten wir von außen Anerkennung und Wertschätzung, Respekt und Liebe.

Konzertbesuch

Kunst zur Selbsthilfe

Im Zusammenhang mit dieser Thematik gibt es interessante Theorien in der Psychologie und Soziologie. Der griechische Begriff Katharsis (übersetzt: Reinigung) bezeichnet das Ausleben eines inneren Konflikts. Diese Reinigung soll wiederum bestimmte Gefühle reduzieren. Wenn du also Aggressionen ablegst, dann erfährst du eine reinigende Wirkung. Der Künstler weiß aus eigener Erfahrung: „Wenn ich zu einem lauten, harten Rock- oder Metalkonzert gehe – und dabei muss ich selbst nicht einmal auf der Bühne stehen – fühle ich mich entspannter.“ Jedoch wirke sich eine derartige „Therapie“ bei jedem Menschen anders aus. Charakterlich unterscheiden wir uns schließlich alle und daher ist es nur schwer generalisierbar. So gibt es Thesen, die das Gegenteil sagen.

Denn beschäftigst du dich mit dir selbst und lebst deine Aggressionen aus, dann könnte sich dieses aggressive Gefühl auch verstärken, beschreibt es Grüner-Müsli. „Du merkst wie gewisse Grenzen deiner moralisch-ethischen Welt durchbrochen werden,“ so der Künstler, der weiter noch sagt: „Schlägst du zu, dann möchtest du noch härter zuschlagen.“ Das Ausleben von Aggressionen könne also in beide Richtungen gehen. In diesem Zusammenhang gehe es wahrscheinlich auch mehr um Energien, die fließen.

ArtNights in Salzburg

Wenn auch du diesen Zugang gerne einmal ausprobieren möchtest, dann bieten die ArtNights dafür den optimalen künstlerischen Boden. Gemeinsam mit einer Künstlerin oder einem Künstler malst du unter Anleitung innerhalb ein paar Stunden ein Kunstwerk, das du am Ende mit nachhause nehmen darfst. Du brauchst keine Vorkenntnisse, denn die Künstler*innen zeigen dir wie es geht. Also einfach drauf los malen und entspannen!

Natürlich gibt es die unterschiedlichsten Wege, den Einklang mit sich selbst (wieder) zu finden. Ob dir das nun mit Sport, gutem Essen, Meditation oder einem guten Buch gelingt, sei dir überlassen. Die Hauptsache ist, dass es funktioniert. Damit du aber – zumindest was die Uni betrifft – stehts ausgeglichen und stressfrei bleibst, gibt’s hier auch noch ein paar sehr nützliche Tipps von Fabia und Conny: 3 Schritte zu deinem Uni-Erfolg: Lerntipps & organisiertes Lernen. Und was Kunst betrifft, hätten wir mit Annas Beitrag Hinter den Kulissen des Museums der Moderne Salzburg ebenfalls den passenden Lesestoff.

In diesem Sinne: Go with the Flow – with Peace, Love and Happiness!

Eure Marlene

Marlene

Offen, neugierig und leiwand: Marlene musste raus aus dem kleinen Dorf in Oberösterreich. Jetzt studiert sie Kommunikationswissenschaft in Salzburg und fühlt sich hier richtig zu Hause.

 

 

Photo-Credits:
Titelbild: Bild von Aarón Blanco Tejedor auf Unsplash
Konzertbesuch: Bild von shbs auf Pixabay

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