Mobilephones

Die Zeit ist gekommen! Challenge Nummer 3 der aktuellen Green WG Challenge wollte gemeistert werden. Und das wurde sie. Worum es ging, wollt ihr wissen? Um die mehr als dunklen Seiten der globalen Elektroindustrie und darum, den eigenen Drahtesel bestmöglich selbst zu reparieren. Doch damit nicht genug. Was wir genau erlebt haben, lest ihr in den nachfolgenden Zeilen.

Welche mehr als fragwürdigen Produktionsschritte für die Fertigstellung eines Smartphones nötig sind, konnten wir vor dieser Challenge nur erahnen. Ähnlich, wenn auch positiver, verblüfft, waren wir in puncto Upcycling. Frei nach dem Motto: selbst ist die Frau bzw. der Mann. Unsere Fahrräder haben es uns auf jeden Fall gedankt, meinen wir. Alles Wissenswerte über Elektroschrott (und wo dieser nach dem Ableben unserer heißgeliebten Smartphones landet) als auch über Upcycling haben wir in der dritten Green WG Challenge erfahren.

Der erste Schritt in die Tiefen der Elektroindustrie

Alles über die komplexen Ursachen und Auswirkungen der Lieferkette in der Elektroindustrie lernten wir bei einem Besuch einer Lehrveranstaltung. Diese LV fand im Rahmen der 17. Entwicklungspolitische Hochschulwoche durch Südwind, den Verein für entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, und in Kooperation mit der Universität Salzburg statt.

Übrigens: Falls jemand glaubt, in dieser Lehrveranstaltung fand sich nur ein junges Publikum, der irrt. Wir waren erstaunt, dass auch Interessierte eines „älteren“ Semesters (50+) vor Ort waren. So soll es aber auch sein. Immerhin sind Menschen aus allen Altersgruppen betroffen. Traurig daher, dass es – obgleich des gemischten und sehr ambitionierten Publikums – nur wenige Teilnehmer*innen waren.

Erste Erkenntnisse in Sachen Produktionsverfahren

Wisst ihr, wo die Produktionskette eines gewöhnlichen Smartphones beginnt? Nein? Sie beginnt in einer Mine. Dort werden die Rohstoffe mit Hilfe verschiedenster, voll Giftstoffen strotzender Verfahren herausgeschmolzen. Dann geht es weiter zur Veredelung der Rohstoffe, bevor sie schließlich in einer Produktionsfirma landen. Je nach Weiterverarbeitung der Rohstoffe zu Bauteilen und Prozessabläufen innerhalb der Firma, durchlaufen die Rohstoffe mehrere Stationen.

In dem Unternehmen werden sie in Form gepresst, in einem anderen werden sie zu unterschiedlichen Kleinbauteilen zusammengebaut, bis am Ende ein fertiges Gerät produziert ist. Erst dann kommt die eigentliche Marke ins Spiel. Ein namhafter Elektronikanbieter kauft die fertigen Produkte dann ein und verschickt sie zu ausgewählten Geschäfte, wo sie auf uns Konsument*innen treffen. Wir kaufen und nutzen sie, bis sie nicht mehr funktionieren, ehe sie hoffentlich (!) beim richtigen Müll landen.

Was passiert mit aussortierten Elektrogeräten?

Zuerst einmal muss gesagt werden, dass viele alte Handys oder andere Kleinelektrogeräte gar nicht im Müll landen, sondern in den Schubladen und Schränken der Haushalte. Wie du das vermeiden kannst, erfährst du weiter unten im Text. Zuerst widmen wir uns nämlich dem Müll per se. Dieser wird selbstverständlich bei einer Sammelstelle gesammelt. Aber was passiert dann? Ja, dann wird er verpackt und beispielsweise nach Ghana transportiert. Schön, jetzt ist er nicht mehr bei uns in Europa, also haben wir dieses Problem gelöst, oder? Da muss ganz klar gesagt werden, dass das nicht der Fall ist, denn wie der Atommüll, wird auch der Müll von Elektrogeräten verlagert. Menschen, die in der Nähe solcher Mülldeponien leben, versuchen daraus Profit zu schlagen. Sie durchsuchen die meterhohen Elektroschrottberge, die aus den westlichen Ländern kommen.

Elektroschrott

Durch Herausbrechen oder Herausschmelzen mit Feuer aus dem wertlosen Rahmen, wird versucht an die wertvollen Metalle zu kommen. Jede*r, der im Schulfach Chemie aufgepasst hat, weiß wohl, dass bei diesem Schmelzprozess enorm giftige Gase entstehen. Ohne Schutzkleidung und in passender Umgebung wie einem Labor würden wir solche Experimente niemals nachmachen, da es einfach viel zu giftig wäre. Die Menschen, die sich auf die Suche nach diesen Metallen machen, wissen dies leider nicht immer. Und selbst wenn sie es wissen, haben sie kaum eine andere Möglichkeit um Geld zu verdienen.

Auf diese gefährliche Art und Weise versuchen diese Menschen an die wertvollen Rohstoffe des Elektromülls zu gelangen, um diese dann an Händler weiterverkaufen zu können. Nach einer langen Reise landen die Metalle dann wieder in neuen Elektrogeräten. An und für sich ist Recycling ja eine gute Sache, aber nicht auf Kosten der Gesundheit anderer Menschen. Die Luft rund um die Mülldeponien ist rauchig, schmutzig und vergiftet. Das Ausmaß ist so schlimm, dass die dortige Politik sich Lösungen überlegen muss, diese Mülldeponien auf kontrollierte Art und Weise abzubauen. Das Traurige daran ist, dass dieser Müll nicht einmal von den dort lebenden Menschen kommt. Dies verdeutlicht nur einmal mehr, welche Lebensumstände in diesen Gebieten herrschen.

Schlecht bezahlt und schlecht für die Gesundheit

Die Lebenserwartung in Deutschland ist seit der 1960er Jahre von 66 Jahren auf 84 Jahre (Stand 2014) gestiegen. Im selben Zeitraum wurden 1960 die Menschen in Ghana im Schnitt gerade mal 46 Jahre alt und 2014 62 Jahre alt. Klar, die Lebenserwartung ist auch gestiegen, aber immer noch über 20 Jahre geringer als in Deutschland. Ghanas Probleme sind aber leider nicht nur die Mülldeponien, sondern auch, dass große Firmen ins Land kommen, um dort die Rohstoffe in Minen, aus Böden, etc. abzubauen. Dadurch verlieren viele Bauern ihre Existenz, denn auf den Böden, Äcker und Länder, auf denen vorher Ackerbau und Viehzucht möglich war, versuchen nun Firmen Rohstoffe herauszufiltern.

Jetzt könnte man argumentieren, dass diese Firmen auch die dort lebenden Menschen einstellen und so neue Arbeitsplätze entstehen. Die Frage ist, für welchen Preis und für wie lange diese Arbeitsplätze gewährleistet sind, denn sobald der Boden oder die Mine keine Rohstoffe mehr zu Tage bringt, verschwinden die Unternehmen und mit ihr die Arbeitsplätze. Das passiert in dem gleichen schnellen Tempo, wie sie aufgetaucht sind. Diese Firmen hinterlassen verseuchte Böden, da sie zum Teil versuchen mit Quecksilber und anderen Chemikalien die Rohstoffe heraus zu lösen.

Die Bauern, die ihr Land durch die Unternehmen verloren haben, oder keinen Arbeitsplatz erhalten haben, probieren auf andere Weise ihr Geld zu verdienen. Sie versuchen auf eigene Faust, jedoch ohne passende Geräte, nur mit einer Schaufel ausgestattet, die Rohstoffe aus den Erdböden heraus zu befördern. Die Arbeit ist hart, nicht gerade lukrativ und vor allem sehr gesundheitsschädlich. Doch nicht nur in Ghana herrschen derart gesundheitsschädliche Situationen. Ähnlich ist es in China.

China: Anderes Land, gleiches Problem

Innerhalb Chinas gibt es zwei politische Systeme. Unterschieden wird dabei zwischen Hongkong und dem Rest von China. Was diese systematische Unterscheidung für die Bevölkerung, Arbeitsumstände und Umweltschutz bedeutet, zeigte uns ein Film mit Aktivist Joshua Wong. Wie auch in Ghana fehlt es in China an ausreichender Schutzkleidung für die Arbeiten mit Chemikalien. Besonders erschütternd ist, dass die Arbeiter*innen sich allein für das Geld schwersten gesundheitlichen Risiken aussetzen. Sie erhalten jedoch monatlich nur zwischen € 400,- und € 500,-. Ein Lohn, der nicht einmal das Nötigste abdeckt. Dies ist auch der Grund, weshalb zusätzlich zu all den männlichen Arbeitern auch unzählige (Ehe-)Frauen sich derart schlechten Arbeitsbedingungen aussetzen.

Hongkong

Pro Tag wird meist bis zu 12 Stunden gearbeitet und dies sechs Tage die Woche. Pro Monat haben Arbeiter*innen nur vier Tage frei – Sonntage miteinbegriffen. Die Studierenden Hongkongs haben versucht mit Protestbewegungen auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Diese wurden aber teils sehr gewaltsam von der Polizei „aufgelöst“, da die Polizeikräfte dem Staat unterstellt sind.

Wie können wir helfen?

Wir sagen nur „Faire Optionen am Elektronikmarkt und Reparaturmöglichkeiten“. Doch was heißt das nun? Helfen können wir auch aus der Ferne, das ist schnell verraten. Das geschieht vor allem dadurch, indem wir uns vermehrt für Zusammenschlüsse und Organisationen einsetzen, welche die Lieferketten von Marken überwachen bzw. diese unterstützen. Ein Beispiel für eine solche Organisation ist Electonics Watch. Auch die Lieferketten sollten für Endkonsument*innen transparenter werden. Wir sind noch Generationen davon entfernt, alle Elektrogeräte Fair-Trade zu produzieren. Doch es wird schon versucht, in die richtige Richtung zu gehen.

Das erste „nachhaltige“ Elektrogerät war übrigens eine Maus. Das Start-Up Nager IT entwickelte diese ohne Ausbeute von Mensch und Natur. Mittlerweile gibt es auch das Fairphone bereits in der dritten Generation. Dies konnte zwar nicht in allen Aspekten pure Fairness aufweisen, aber es ist mit Abstand die einzig „empfehlenswerte“ Marke für Handys – zumindest wenn es um Fair-Trade geht. Bei der Herstellung wird auf Müllvermeidung, Transparenz, faire Produktionsbedingungen und die Benutzung von Rohstoffen aus geprüften Minen geachtet.

Immer mehr Elektronik-Unternehmen richten ihre Herstellungsprozesse anhand nachhaltiger Produktionsschritte aus. Ein solches Umdenken können wir unterstützen, indem wir in unserem Alltag immer mehr darauf achten, nicht alles sofort wegzuwerfen. Dinge kann man oftmals kostengünstig reparieren lassen oder dies sogar selbst in die Hand nehmen. In vielen Schubladen oder Regalfächern findet man Kleinelektroartikel, die noch funktionstüchtig sind. Hat man dennoch keine Verwendung mehr dafür, kann man ausrangierte Geräte an Organisationen spenden, die sich dieser annehmen. Bei einem Smartphone oder einem Notebook werden die Daten gelöscht, ehe sie wiederaufbereitet werden, damit sie wiederverkauft werden können. Hierzu zählt übrigens auch die Aktion Ö3 Wundertüte.

Andere, sicherlich bekannte Seiten für recycelte und wieder aufbereitete Kleinelektronikgeräte wie Handys, Tablets oder sogar Laptops, sind die Websites refurbed.at und Back Market. Diese geben sogar nochmal Garantien bis zu 36 Monaten auf die recycelten Produkte. Das tolle an der Seite Back Market ist auch, dass aufgezeigt wird, wie viel weniger Elektroschrott produziert wird, wenn man dieses Gerät kauft. Genug Ansporn, um etwas Gutes zu tun, behaupten wir. Merkt euch einfach: Nicht alles, was eine kleine Macke hat, ist automatisch kaputt.

Zeit für eine kleine Reparatur

Eine sicherlich berechtigte Frage an dieser Stelle lautet nun: „Woher weiß ich, was defekt ist und wie repariere ich das?“ Für weniger aufwendige Reparaturen ist der erste Schritt meist Google, YouTube und Co. zu befragen. Ein anderer Weg wäre es Freund*innen oder Familie zu befragen. Alternativ dazu könnt ihr, wie es mittlerweile in einigen Städten der Fall ist, ein so genanntes Repaircafé aufsuchen. Was dahinter steckt und wo ihr in Salzburg eine solche Institution findet, lest ihr hier.

Doch genug darüber geredet. Denn angesichts unserer Challenge mussten wir nun selbst ran. Die Aufgabe verlangte von uns nämlich ebenfalls, dass wir etwas „Kaputtes“ reparieren. Daher besuchten wir am 20.11.2019 um 18:30 Uhr die PLUS BikeKitchen. Hier konnten wir unsere kaputten Fahrräder mitbringen und diese gemeinsam unter fachkundiger Anleitung reparieren. So hatten wir am Schluss nicht nur funktionstüchtige Räder, sondern gingen auch mit dem Wissen nach Hause, den nächsten „Patschen“ ohne weiteres selbst flicken zu können. Anfänglich noch etwas zögerlich, waren wir gegen Ende hin froh über diese Herausforderung.

Fahrradwerkstatt

Im Anschluss lernten wir die Fahrradwerkstatt carlavelorep kennen. Dort arbeiten junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren für ein Jahr, um einen geregelten Tagesablauf nachzugehen. Dies soll dabei helfen, sich zu einem späteren Zeitpunkt leichter im Arbeitsmarkt zu integrieren. Das Projekt wurde durch die Caritas Salzburg initiiert und wird durch das Land Salzburg finanziert.

Fahrradreparatur Schritt für Schritt

Bevor wir uns ans Eingemachte machten, zeigte man uns an einem „Beispielrad“, welcher Handgriff wofür gut ist. Darauf folgte dann der Selbsttest. Man stand nun vor seinem Rad und begutachtete zuerst die (hoffentlich) vorhandenen Bremsen. Geprüft wurde von uns, ob die Bremsbeläge schon abgefahren sind. Zur Info: Bremsbeläge besitzen Rillen und solange diese noch deutlich sichtbar sind, lässt sich damit noch gut fahren. Bei mir waren sie allerdings schon derart abgefahren, dass ich um ein Auswechseln nicht drum herum kam. Schwer war das aber nicht, also keine Sorge. Einfach einen Schraubenschlüssel zur Hand und schon geht’s los. Wichtig dabei ist, darauf zu achten, dass die Bremsbeläge vorne einen geringeren Abstand zum Rad haben als hinten. Und noch ein kleiner Tipp: Wechselt lieber die Bremsbeläge einmal zu oft, sonst kann es schnell passieren, dass ihr die komplette Felge wechseln müsst und das ist viel teurer.

Jetzt hatten wir neue Bremsbeläge, doch der Reifen hat an den Bremsen immer noch geschliffen. Ein solcher „Achter“, wie es uns erklärt wurde, ist jedoch in der Regel meist sehr leicht durch die Einstellung der Speichenspannung behebbar. Dafür müsst ihr den Achter mit einem Nippel-Speichenspanner oder einem Speichenschlüssel zentrieren. Dies gelingt, wenn ihr dort, wo die Felge nach rechts eiert, die Speichen von der linken Nabenseite aus fester zieht (heißt im Uhrzeigersinn). Dadurch wird die Felge nach links gezogen. Wenn dort die Speichenspannung schon relativ hoch ist, kann von der rechten Seite die Speichenspannung gelöst werden (heißt gegen den Uhrzeigersinn drehen). Wie das Ganze aussehen kann, seht ihr in diesem YouTube-Video hier.

Was blieb nun noch zu tun? Das Licht. Denn nachdem irgendein „Heini“ letztens unser Licht abgeknipst hatte, war nicht mehr wirklich Saft dahinter. Wir haben mit einem Strommessgerät einzelne Punkte gemessen, um zu prüfen, ab wann der Strom nicht mehr fließt. Ab diesem Punkt haben wir dann ein neues Kabel verlegt. Und da das Licht nicht mehr vorhanden war, haben wir auch gleich noch eine Lampe vorne hin gebaut.

PLUS BikeKitchen

Unser Resümee: Es war eine mehr als gelungene und vor allem lehrreiche Challenge. Besonders die Fahrradwerkstatt PLUS BikeKitchen können wir jedem nur wärmstens empfehlen. Die nächste ist für 18. Dezember 2019 von 18:30 bis 20:00 Uhr bei CarlaVelorep in der Elisabethstraße 17 geplant.

Weitere wissenswerte Artikel rund um Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Rahmen der Green WG Challenge findet ihr hier.

Liebe Grüße,
Anna & Yvo

 

 

 

Photo-Credits:
Titelbild: Bild von andreahuyoff auf Pixabay
Elektroschrott: Bild von dokumol auf Pixabay
Hongkong: Bild von Paul Henri Degrande auf Pixabay
Fahrradwerkstatt: Bild von Elissa Capelle Vaughn auf Pixabay

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