Titanenwurz Tielbild

Ein überdimensionaler Blumentopf steht seit wenigen Wochen (genauer gesagt seit Ende Mai) im Glashaus direkt neben der NAWI Mensa. Während er einigen von euch vielleicht noch gar nicht aufgefallen ist, haben sich die anderen vermutlich gefragt, welche Pflanze bitte einen über 1×1 m großen Topf braucht. Die Antwort: die größte „Blume“ der Welt, der Titanenwurz.

Der wissenschaftliche Name Amorphophallus titanum bedeutet in etwa „unförmiger Riesenpenis“ (familienfreundlicher „unförmiges Riesending“), was auf die Form seines Blütenstands zurückzuführen ist. Bis der Titanenwurz eine solche Blüte zum ersten Mal bilden kann, vergehen im Durchschnitt zehn Jahre! Solange müssen wir nicht mehr warten, denn die Pflanze im Glashaus im Inneren der NAWI blüht in weniger als 10 Tagen (Stand 11.6.) und das vielleicht zum ersten Mal in Österreich.

Der Titanenwurz – von Bienen und Leichenblumen

Alles schön und gut, sagt ihr jetzt, aber es ist trotzdem nur eine Pflanze. Stimmt, aber eine besondere. Es handelt sich dabei um die größte Blume der Welt, welche bis zu 3 Meter groß werden kann. Der derzeitige Rekord liegt laut Guinness Buch der Rekorde sogar bei 3,10 Meter. Aktuell kann man der Pflanze neben der Mensa förmlich beim Wachsen zusehen. Teilweise wächst sie über 15 cm an einem Tag.

Titanenwurz Größe Vergleich

Zudem wird die Pfalnze auf Englisch auch „corpse flower“, also Leichenblume, genannt. Und das verrät ja schon alles über den Duft, den der Titanenwurz verströmt. Also nix mit blumigen Rosen- oder Lavendelduft. Aber als würde der Leichen-/Aas-/Käsefußgeruch nicht schon reichen, heizt sich die Pflanze bei ihrem Spadix (aka der phallusförmige Bereich) bis zu 36°C auf und verstärkt dadurch noch zusätzlich den Gestank. Damit will sie inmitten der puren Vielfalt in ihrer Heimat – den tropischen Regenwäldern Sumatras (Indonesien) – herausstechen, um möglichst viele ihrer aasliebenden Bestäuber anzulocken.

Titanenwurz Mensa Eingang

Wenn ihr jetzt glaubt, dass die Bestäuber auch monströse Insekten oder gar Elefanten sein müssen, weil die Pflanze ja so groß ist, liegt ihr falsch. Man weiß nur sehr wenig über die Bestäubung des Amorphophallus titanum, weil er in der Natur so selten beobachtet wird. Man vermutet aber, dass die Bestäuber vor allem aasliebende Käfer sind. Zusätzlich zum unglaublich starken Geruch ist übrigens auch die Färbung im Inneren des Hochblatts (der „Kragen“) passend zum Namen Leichenblume – denn die rote Farbe soll an geronnenes Blut erinnern. Mhmm.

Kurzes Vergnügen

Wenn ihr jetzt den (im wahrsten Sinne des Wortes) umwerfenden Geruch und die schiere Größe der Blume mit den eigenen Sinnen wahrnehmen wollt, dann habt ihr, sobald sie blüht, nicht viel Zeit dafür: Denn der Titanenwurz blüht insgesamt nur für ca. 48 Stunden, aber „studierendenfreundlicherweise“ immerhin nachts. Dafür bleibt die Uni in der ersten der zwei Nächte auch extra bis Mitternacht offen.

Titanenwurz Graph

Die Pflanze selbst öffnet sich immer erst abends vollständig, währenddessen sind ihre weiblichen Einzelblüten an der Basis des Spadix (vom Hochblatt verdeckt) bereit, bestäubt zu werden. In dieser Zeit stinkt der Amorphophallus titanum auch am stärksten. In der zweiten Nacht sind dann die männlichen Einzelblüten an der Reihe, sie setzen nun massenweise Pollen frei. Das erinnert dann ein bisschen an Kasnocken mit extra viel Käse. Anschließend ist das Spektakel auch schon wieder vorbei und der Titanenwurz beginnt zu verwelken. Der Titel der größten Blume weltweit gründet übrigens auf der Tatsache, dass es sich um den größten unverzweigten Blütenstand der Welt handelt. Sprich, die Pflanze hat viele kleine Einzelblüten, zusammengefasst versteht man darunter umgangssprachlich eine Blume.

Und danach?

Sobald die Pflanze einmal geblüht hat (was unser Exemplar bereits 2016 in Frankfurt gemacht hat), kann sie theoretisch jedes Jahr wiederblühen oder es vergehen wieder einige Jahre. Bis so eine Pflanze blüht, vergehen ungefähr 10 Jahre. Dann blüht sie meistens alle 2-3 Jahre wieder. Der Amorphophallus titanum kann übrigens ungefähr 40 Jahre alt werden kann, es gibt aber sehr wenige Beobachtungen in der freien Natur. Auch in Gewächshäusern ist die Pflanze auf Dauer sehr schwer zu halten, da sie sehr empfindlich ist. Nachdem der Titanenwurz sich selbst nicht bestäuben kann, sehen wir leider seine kirschroten Früchte nicht, denn dazu würden wir Pollen von einer zweiten blühenden Pflanze benötigen. Dazwischen bildet der Amorphophallus titanum meistens ein einziges Laubblatt aus, das wie ein ganzer Baum aussieht. Auch ein solches Blatt kann man gerade in der Naturwissenschaftlichen Fakultät sehen. Es stammt von einer zweiten Knolle, die noch zu klein zum Blühen ist.

 

Titanenwurz Blätter

Während dieser „Blattphase“ sammelt die Pflanze viel Energie, um einen solch enormen Blütenstand ausbilden zu können. Diese Energie wird folglich in der Wurzelknolle gespeichert, wodurch die Knolle eines Titanenwurzes nach mehreren Jahren über 100 kg wiegen kann! Die Knolle „unserer“ Pflanze, welche übrigens ein Geschenk aus dem PalmenGarten Frankfurts an den Botanischen Garten der Uni Salzburg war, wog beim letzten Mal Wiegen im April 2019 knapp über 40 kg.

Den Titanenwurz LIVE erleben

„Ja wie und wann kann ich jetzt diese riesige riechende Titanenwurz sehen, wenn sie nur so kurz blüht?“. Also wenn dich die bildhafte Beschreibung des Geruchs bis jetzt noch nicht abgeschreckt hat, und du jetzt unbedingt selbst in dem Gestank „baden“ willst oder zumindest die größte Blume der Welt sehen magst (geruchsempfindliche Personen empfehle ich erst am zweiten Tag zu kommen), dann verfolge den Fortschritt des Titanenwurz entweder jederzeit online via Webcam oder komm persönlich in die Natur- und Lebenswissenschaftliche Fakultät der Uni Salzburg vorbei, um auf dem Weg zu Käsespätzle in der Mensa einen Blick ins Glashaus zu werfen. Lange dauert es nicht mehr. Wenn ihr informiert werden möchtet, sobald die Blume zu blühen beginnt, dann meldet euch doch einfach für den Newsletter des Botanischen Gartens an.

Verpass diese wahrscheinlich einmalige Chance nicht, die größte Blume der Welt in der NaWi zu sehen und vielleicht sogar den absolut umwerfenden Geruch des Titanenwurz in der 1. Blühnacht selbst zu riechen. Bilder und Zeitraffervideo findet ihr übrigens auf der offiziellen flickr-Seite der Universität Salzburg.

Eure Eva

Eva

Wenn Eva nicht gerade für ihr Doktoratsstudium durch die Wälder Mitteleuropas herumklettert um Fliegen zu fangen und Pflanzenduft zu saugen, dann entspannt sie zuhause am liebsten bei einem spannenden Buch, liegt im Sommer am Almkanal, oder trifft sich mit ihren Freunden auf einen Kaffee.

 

 

 

 

 

Bilder: Redakteurin

 

 

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